Neue Regelungen für den Spätrücktritt von Lebensversicherungen: Der aktuelle Stand

Ein Urteil des europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2015 gab Versicherungsnehmern die Möglichkeit zur Anfechtung und juristischen Rückabwicklung alter Lebensversicherungsverträge, auch lange nach bereits erfolgter Kündigung.
Lesezeit: 3 Minuten
Branchennews
Von Felix Früchtl - 27.04.2022
Felix Früchtl

Mit dem Urteil des EuGH im Jahr 2015 wurden kundenfreundlichere Regelungen zum Rücktritt von Lebensversicherungsverträgen verabschiedet. Die Gerichtsentscheidung hat hohe Wellen geschlagen. Davon betroffen waren in erster Linie Versicherungsnehmer, die von ihrem Versicherer unzureichend bezüglich des bestehenden Rücktrittsrechts belehrt wurden. Die Konsequenz daraus war eine unbefristete Rücktrittsmöglichkeit vom Vertrag, bei der es sich um den sogenannten „Spätrücktritt“ handelt.


In diesem Zusammenhang wurden dem Versicherungsnehmer bei mangelnder Belehrung alle eingezahlten Beiträge inklusive einer gewissen Verzinsung zugesprochen. Dabei durfte nur das fällige Kapital für die Risikoabsicherung bei einer vergleichbaren Risikopolizze abgezogen und einbehalten werden. Im Gegensatz zu einer bloßen Kündigung der Lebensversicherung, bei der nur der deutlich geringere gestaffelte Rückkaufswert ausbezahlt wird, handelte es sich hierbei also um das sichtlich lukrativere Modell.

Diese Regelung zum Spätrücktritt von Lebensversicherungen galt unbeschränkt bis Ende des Jahres 2018. Im Januar 2019 traten dann neue Vorschriften zugunsten der Versicherer in Kraft, laut denen Sparer lediglich den Rückkaufswert geltend machen konnten. Einbezahlte Prämien wurden nur bei einem Rücktritt ab dem zweiten bis zum Ende des fünften Jahres nach Versicherungsabschluss ausbezahlt. Der Gesamtwert fiel somit zumeist deutlich niedriger als die Gesamtsumme der vom Versicherungsnehmer bezahlten Prämien aus. Demnach entstand ein offensichtlicher Nachteil für den Kunden.

So weit, so gut. Aber was ist jetzt der aktuelle Stand?

Das 2019 in Kraft getretene Gesetz wurde vom obersten Gerichtshof als unionsrechtswidrig eingestuft. Daraufhin folgte Ende 2021 schließlich das bahnbrechende Urteil vom EuGH, aufgrund dessen der Gesetzgeber zu einer Nachbesserung aufgefordert wurde. Zugleich entstanden für Sparer realistischere Möglichkeiten, da mit der Rechtsprechung eine Basis für die Geltendmachung betroffener Polizzen gegenüber der Versicherungsgesellschaft geschaffen wurde. Diese gab es zuvor aufgrund juristischer Unsicherheit noch nicht.

Das Urteil schließt nun auch Verträge ein, die vor mehr als 5 Jahren abgeschlossen wurden und regelt die Rückzahlung des Rückkaufswerts plus der einbezahlten Netto-Prämien bei unzureichender Belehrung über das Rücktrittsrecht.

Auch wenn die neuen Bestimmungen noch nicht umgesetzt wurden, sollten Sie nicht länger warten und jetzt aktiv werden, da die Gesetzesgrundlage für den Spätrücktritt bei Lebensversicherungen mit dem Urteil des EuGH bereits vorhanden ist und Papierversprechen aktuell an Wert verlieren.

In Österreich sind insgesamt knapp 10 Millionen Polizzen betroffen, von denen im vergangenen Jahr bereits rund 2 Milliarden Euro vorzeitig aufgelöst wurden. Stellen Sie also Ihre Versicherungspolizzen auf den Prüfstand, auch wenn diese schon vor mehreren Jahrzehnten abgeschlossen wurden.

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